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Jahresende: zu Besuch im Kinderprojekt (Dezember 2011)

Liebe Freunde der Goldkinder,

das Jahr neigt sich dem Ende entgegen, hier in Thailand wird es nur noch 10 Stunden  älter werden, in Europa werden jetzt langsam alle erwachen und dem Sylvestertag mit Erwartung entgegensehen.

Wahrscheinlich haben die wenigsten von Euch Zeit bzw Muße oder Lust, nun auch noch mit einem, wie gewohnt langatmigen Bericht von mir , von der Feierstimmung abgehalten zu werden.

Ich möchte es trotzdem für mich heute noch erledigen, um die alten Ereignisse aufzuarbeiten und neuen Plänen und Vorhaben ins Auge zu blicken.

Wie im vorigen Rundschreiben berichtet, sind wir zu viert , Marion Buchner vom Klinikum Meiningen, Ralf und Elena Gronau aus Coburg ( ich möchte die beiden hiermit gleich als neue Vereinsmitglieder vorstellen ) per Flugzeug und Bus nach Mae Sai gelangt.

Wir hatten für den Inlandflug deutlich zu viel Gepäck ( ca 30 kg mehr), so daß wir beim Einchecken unangenehm ins Schwitzen kamen  und uns schon einen „Text zum Rausreden“ bereitgelegt hatten.

Aber  wie durch ein Wunder gab es keine Beanstandungen.

Die Hürde Bus bezüglich des vielen Gepäcks bereitete uns kein Kopfzerbrechen, nur war das Buspersonal etwas ungläubig, dass wir mit 10 großen Gepäckstücken nach Mae Sai reisen, während die meisten Touristen mit leeren Taschen zum Shoppen sich dorthin begeben !

Überhaupt muß ich innerlich immer schmunzeln in derartigen Situationen…z. B. beim check in, wenn ich die Mitreisenden mit ungläubigen Blicken, tuschelnd über den  zu erwartenden Riesenbetrag ,den ich für mein Übergepäck zu zahlen habe und das Unverständnis, wie man soviel Reisegepäck zum persönlichen Bedarf in Thailand benötigt, amüsiert beobachte.Wer weiß, in welche Schublade ich da komme ;)))

In Mae Sai wurden wir ( erstmalig überpünktlich ) von Projektleiter Ngaow vom Busbahnhof  abgeholt.

Selbst hier hatten wir noch Mühe, alle Gepäckstücke in seinem großen Jeep zu verstauen, aber für Ngaow keine Hürde, er ist sehr gut im Improvisieren. Sein Auto gab furchterregende Geräusche von sich, das lag aber nicht an unserem Gewicht, sondern es war absolut „werkstattreif „.

Im Projekt angekommen, gab es wie immer von den Kindern ein fröhliches Lächeln und ein“ Sawatee ka“ zur

Begrüßung. Dazu auch ängstlich fragende Blicke nach der bevorstehenden Impfung und erwartungsvolle Augen, weil es sich herumgesprochen hatte, dass wir 5 große Pakete per Post und 10 große Gepäckstücke für die Kinder zu Weihnachten bei uns hatten.

Ngaow  betonte auch , dass wir die Sachen den Kindern am nächsten Tag nach der Impfung sozusagen als Weihnachtsgeschenk übergeben sollten, da sie selbst keine Geschenke für die Kinder hätten.

Deshalb bin ich immer auch wieder bereit, den logistischen Aufwand des Transportes auf mich zu nehmen, die Kinder in Projekt freuen sich wirklich sehr.

Zu den übergebenen 3.000 Euro haben sie nicht so den Bezug, dafür sind es eben Kinder, noch dazu Kinder, die nie Geld  zum Ausgeben zur Verfügung hatten und sich auch keine Wünsche durch z. B. erspartes Geld erfüllen können, sondern bisher nur Geld durch Betteln „verdient“ haben.

Für mich gab es während des Besuchs diesmal ganz besondere Überraschungen und Ehrungen.

Ein großes Willkommensschild stand vor der Aula ( s. Bild oben ), mit einem (schrecklichen ) Foto von mir…

…in der Aula über der Bühne hing ein selbstkreiertes Riesenplakat mit meinem ( schrecklichen ) Foto und einem Willkommensgruß an den “ best friend from Germany“ und einem Dankeschön für 10-jährige Unterstützung des Projekts.

Während einer feierlichen Begrüßung bekam ich dann noch eine Urkunde im Goldrahmen mit meinem (schrecklichen ) Foto und einem netten thailändischen Text…… ich schwöre,das Foto ist wirklich ganz schrecklich, ich sehe aus, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank….aber der Zweck heiligt die Mittel !

Als Krönung und Dankeschön überreichten die Kinder uns an diesem Abend noch rote Rosen! (in Thailand eine Rarität!) und Ketten aus Jasminblüten.

War das berührend anzusehen, wie sie alle dasassen mit einer Rose oder einer Jasminblütenkette in der Hand. Wie einmalig für sie dieser Rosenanblick war, zeigte mir die Situation, in der ein kleines Mädchen hinterher zu uns kam, die Rose zärtlich streichelte, daran roch und sie so gern wiedergehabt hätte…wir haben sie ihr natürlich gern geschenkt.

Am nächsten Tag, als die Kinder in der Schule waren, machte ich mich auf den Weg nach Burma über die Grenzbrücke. Für mich ist diese Begegnung mit den Menschen auf der Brücke immer wieder sehr wichtig und es wirkt nachhaltig auf mich ein. Ich könnte über meine Beobachtungen lange Geschichten schreiben, viele Fotos oder kleine Filme hinzufügen.

Es ist so unglaublich, was ich da sehe, so völlig anders, als unser vergleichsweise leichtes, freude-und genußbetontes Leben, so, als ob uns alles im Schlaf zufällt…ich weiß, dass das auf viel Kritik stößt, was ich da sage, aber ich stehe dazu.

Man muß es gesehen, gerochen, gehört, gefühlt haben, um es zu begreifen… diese Mühsal, diese bittere Armut, den Schmutz, die üblen Gerüche,die körperliche Anstrengung mit der vom Wetter gegerbte asketische, kleinwüchsige Frauen hastig rennend ihre schwer beladenen Handkarren schieben,

Mopeds beladen wie ein LKW ihre Waren befördern, wieder andere Mopeds!! als Sammeltaxi fungieren und Anhänger befördern, auf denen mindestens 10 oder mehr Menschen  sitzen oder Waren gestapelt sind, die einen mittelgroßen Laster füllen würden, bettelnde schmutzige kleine und große Kinder( meistens Jungs), die die Touristen nach Geld „anflehen“, alte Frauen aus den Bergdörfern mit schwarzen Zähnen vom Betelnußkauen und kleinen Kindern im Tragetuch  auf dem Rücken, die nicht ihre Enkelkinder, sondern ihre Kinder sind, schlafende völlig verottete Menschen am Strassenrand liegend, von denen man glaubt, sie machen nie wieder die Augen auf , einfach nur dasitzende Menschen, die völlig fertig und verbraucht aussehen, ausgemergelt vom Drogenkonsum, die kaum mehr die Augen öffnen können…

Eine Szene hat mich besonders berührt und ich habe sie lange, z. T durch Fotos und Videoaufnahmen verfolgt:

Eine Mutter , verhärmt und sehr bösartig aussehend, ihr wenige Wochen altes Baby auf dem Schoß liegend, hat ihren Sohn, ca 3-jährig auf der Brücke verprügelt und beschimpft. Er war von ihr dort zum Betteln auf die Touristen angesetzt worden, hatte aber wohl nicht fleißig genug gebettelt ( mit 3 Jahren !) und sich, weil es ihm zu kalt war, seinen Pullover übergezogen. Die Mutter riss ihm den Pullover förmlich vom Leib und schrie fürchterlich, während er bitterlich weinte.Wahrscheinlich war sie der Meinung, dass er mit dem Pullover weniger hilfebedürftig und arm aussah, um zu Geld zu kommen. Anschließend übergab sie das kleine Baby, das sie auf dem Arm hatte, einem sehr jungen Mädchen( auch selbst noch ein Kind ), die nun die Touristen als vermeintliche ganz junge Mutter anbettelte.

Diese Bilder mache ich mir immer bewußt, wenn ich unsere Kinder im Projekt erlebe….was für ähnliche Geschichten werden sie hinter sich gelassen haben b.z.w werden ein Leben lang damit zu kämpfen haben.

Eine große Dankbarkeit erfüllt mich in solchen Momenten, Dankbarkeit über mein eigenes unbeschwertes Leben und Dankbarkeit dafür, dass ich ein bisschen dazu beitragen darf, dass es den “ Goldkinder “ jetzt viel, viel besser geht und dass sie eine echte Zukunftschance durch die ihnen gebotene Schulbildung haben.

Die Impfaktion verlief ohne Probleme. Kanülen, Desinfektionslösung und Pflaster wurden aus der Apotheke besorgt und alle ging reibungslos vonstatten. Die Kinder waren , wie immer ausgesprochen brav, wenn z. T auch ängstlich….Die zuschauenden Kinder mit Impferfahrung aus den vergangenen Jahren ermutigten von weitem durch Zurufe und es gab Applaus für die mutigen Geimpften.

Ich hatte wie immer fleißige Helfer bei der Aktion und wir waren ruck zuck fertig mit ca 30 geimpften Kindern.

Anschliessend gab es nun zur Belohnung die mitgebrachten Wintersachen und Schuhe für die Kinder.

Wir vier kamen ganz schön ins Schwitzen, als wir die fast 200 kg Bekleidung und Schuhe auf der Bühne der Aula ganz schnell in kleine Häufchen zur besseren Übersicht sortierten.

Dann durften als erstes die Kinder sich etwas aussuchen, die sich durch besondere Verdienste in der Schule und durch fleißigen Einsatz im Projekt sog. Coupons erspart hatten. So ging alles schön der Reihe nach  und der Gerechtigkeit folgend….  die Wartenden ( weniger Fleißigen ) mußten ungeduldig zappeln. Das sollte gleichzeitig eine Lehre für alles sein…ohne Fleiß, keinen Preis !

Letztlich waren alle zufrieden und glücklich, der Rest der Sachen wurde eingepackt, um sie später weiter zu verteilen.

Für den letzten Tag hatte ich mir gewünscht, dass wir ein Bergvolk besuchen, damit meine Begleiter sehen und verstehen, welche Wurzeln die Kinder einerseits haben und welch großes Glück andererseits für sie eintritt, wenn sie bei childlife ( Goldkinder ) aufgenommen werden.

Nur wenn man das hautnah gesehen hat, kann man dieses Glück nachvollziehen….ansonsten wirkt das Hilfsprojekt auf “ Neulinge “ eher erschütternd und mitleiderregend.

Um das zu relativieren, versuche ich , aus  meiner langjährigen Erfahrung heraus, die  positive Umsetzung durch so einen Besuch zu unterstützen.  Es wird  das Leben auf der Schattenseite ( trotz größter  persönlicher Bemühungen und Opfer,  gepaart mit Resignation und/ oder  Flucht in die vorübergehende Sorglosigkeit durch zB Drogenkonsum)  ohne Verfälschung gesehen.

Ich hoffe, bei meinen Mitreisenden und neuen Freunden der Goldkinder ist viel Positives hängen geblieben, für das es sich auch in Zukunft weiter lohnt, einzustehen und sich mit Überzeugung einzusetzen.

In diesem Sinne, einen guten Start in ein friedvolles , gerechteres, aktives, gesundes , offenherziges, ehrliches Neues Jahr mit nach vorn gerichtetem Blick, über den Tellerrand hinaus !!!

Herzlichst , Eure Gudrun

… die z. Zt.  in Thailand auf einer kleinen Insel sitzend, sich  über einen winzigen Gruß von Euch, als Zeichen Eurer Verbundenheit mit ihr, sehr freuen würde !

  • 5. Januar 2012
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Karin Hofmann - 15. Februar 2012

Liebe Gudrun,

vor ein paar Tagen habe ich Tim durch seine Videos und Internet-Marketing kennengelernt. Da hat mich der Link: Ko Lanta forever geradezu angezogen. Und was soll ich sagen….ich bin begeistert. Das alles sieht aus wie m e i n Traum, den ich schon sehr lange träume. Dort auf dieser Ko Lanta Seite entdecke ich dann den Link: Goldkinder e. V. und somit auch Ihren letzten Kommentar. Es bewegt mich sehr…….schon eine Weile trage ich mich mit dem Gedanken, ein Projekt, das mir am Herzen liegt, zu unterstützen. Jetzt bete und hoffe ich, dass das nicht nur Träume und Gedanken bleiben werden. Ich selbst beziehe noch Unterstützung durch Hartz IV, was sich jetzt sehr bald ändert…….in Gedanken bei Ihnen und Ihrem wundervollen Projekt

Karin Hofmann

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