Bericht einer unvergesslichen Reise zu den „Goldkindern“ im August 2010

Die Vorbereitungen für meinen Besuch bei  „meinen Kindern“  waren wie immer ziemlich aufwendig, aber auch gepaart mit großer Vorfreude.

Es hatten sich wieder sehr viele Sachspenden bei uns angesammelt und jedes Mal habe ich das Problem, mich zu entscheiden, was nehme ich diesmal mit, was lasse ich noch da  …. was brauchen die Kinder am dringendsten, worüber freuen sie sich am meisten?

Und dann geht das ständige Wiegen los, 30 Kilo Gepäck sind auf dem Flug erlaubt. Deshalb habe ich ständig ein- und ausgepackt, gewogen, neu entschieden , manche schweren Dinge lieber ins Handgepäck verfrachtet ( was natürlich nicht ganz legal ist ), private Sachen wieder ausgepackt ( die haben bis zur nächsten Reise Zeit ), mich nach dem Wiegen der leeren Koffer und Taschen für die Tasche mit dem geringsten Eigengewicht, ( dafür aber ohne komfortable Rollen ) entschieden.

Natürlich mussten auch noch die Impfstoffe, die gut gekühlt ihr Ziel erreichen müssen, verstaut werden.

Aber darin haben Günter und ich ja schon große Übung !

An dieser Stelle möchte ich mich bedanken bei der Firma Sanofi Pasteur MSD GmbH, besonders bei Dr. Mathias Baier und der Mitarbeiterin Frau Gedviga Mangold, die meine diesjährige Impfaktion wieder großzügig und unbürokratisch unterstützen.

Es wurden kostenlos 50 Impfdosen gegen Diphterie, Tetanus und  Poliomyelitis zur Verfügung gestellt !

Ich bedanke mich im Namen des Projektleiters Ngaow, den Kindern und im Namen des Vereins „Goldkinder Mae Sai e.V.“.

Ich hoffe auch in Zukunft auf eine gute Zusammenarbeit und Unterstützung !

Der Flug bis Chiang Rai mit Zwischenlandung in Bangkok und die anschließende Fahrt mit dem Pickup verliefen wie immer reibungslos.

Insgesamt waren wir ( mit mir ist Gabi Kittner aus Münster gereist) ca. 24 Stunden unterwegs, aber das war alles kein Problem.

Die Strapazen waren schnell vergessen, als Ngaow und 4 Kinder uns am Flughafen in Empfang nahmen.

Das war für mich  erstmalig, dass wir schon vom Flughafen abgeholt wurden. Den Grund erfuhren wir auch gleich. Ngaow und die Kinder wollten sich bei mir für die kontinuierliche Hilfe seit 9 Jahren bedanken und einen Film mit mir aufnehmen, der über  youtube   ins Internet gestellt werden sollte. ( Das ist inzwischen auch erfolgt, ich schicke die 2 Filme als Anlage mit, …einfach anklicken ).

Die gute Stimmung beim Abholen war ein schönes Begrüßungs-geschenk, die Kinder sangen und lachten die ganze Fahrt auf dem Pickup, so fuhren wir durch die dunkle Nacht nach Mae Sai.

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Am nächsten Tag bereiteten wir unsere Impfaktion vor, was sich als völlig unkompliziert erwies, da die Kinder sich um die Aufgaben rissen, uns beim Impfen zu helfen.

Zuerst gab es aber für die Kinder statt der Spritze viele schöne Geschenke, eben alles, was wir an Sachspenden mitgebracht hatten.

Wir legten alles auf einer großen Fläche aus und die Kinder konnten sich der Reihe nach etwas aussuchen.

Ich war wie immer berührt, wie diszipliniert und eher zurückhaltend sie sich dabei verhielten.

Es gab nicht das ( wie in Deutschland gewohnte ) Gedrängel, Geschrei, Streiten, Schubsen, eben diese für die Überflußgesellschaft typische Ellenbogenstrategie.

Alles lief ruhig ab und jeder freute sich über seine neue Errungenschaft   ….. aber auch über die Geschenke für den anderen !

Es ist für mich immer wieder ein schöner Augenblick, zu spüren, wie Kinder sich noch über Kleinigkeiten richtig freuen können  ….  Dinge, die bei uns ohne Reue entsorgt werden, machen den neuen Besitzer dort stolz !

Ich merke es daran, wie die Kinder in den Tagen danach mir immer wieder ihre neuen Errungenschaften präsentieren. Man muß sich darunter nichts Großes vorstellen, oft ist es nur eine Kleinigkeit wie z.B. ein Plastikarmband, ein kleines Kuscheltier, ein T- Shirt aus meiner Sammlung   … .

Am nächsten Tag haben wir die Impfaktion für  41  Kinder ohne Probleme durchgezogen.

War das schön, wie viele Kinder sich darum drängten, mir zu helfen !!!  Ich musste ihnen nur einmal zeigen, wie man die Luft aus der Spritze entfernt, die Kanüle aufsetzt, die Plastikhülle auf die Kanüle steckt, die Tupfer mit Desinfektionslösung tränkt, die Impfstelle mit Pflaster beklebt, den Impfausweis mit Datum und  Kreuzen in den entsprechenden Spalten vervollständigt.

Alle lief wie geschmiert, ich musste nur die Impfstelle desinfizieren und  „zustechen“.

Ein unglaubliches Erlebnis, wie mutig die Kinder an eine so allgemein unbeliebte Aktion ( das Wort „Spritze“ löst bei vielen Mitmenschen doch schon eine Panikattacke aus ! ) herangehen.

Für die nächsten Tage hatte sich Ngaow etwas Besonderes einfallen lassen.

Er wollte den Film über mich weiterdrehen und fuhr deshalb mit uns zum Goldenen Dreieck, dahin, wo Thailand, Burma und Laos aneinandergrenzen und nur durch den Mekong getrennt sind.

Wir fuhren mit einem kleinen Motorboot über den Mekong, vorbei an dekadenten Luxuscasinos auf burmesischer Seite  ….  unglaublich bei der Vorstellung der dort herrschenden Armut !

In Laos gingen wir kurz an Land und sahen sofort, dass dieses Land viel ärmer als Thailand ist.

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Es ist immer wieder bedrückend für mich, zu sehen, wieviel Bedarf an Hilfe vielerorts besteht.

Wie gern würde ich auch diesen Menschen helfen, denen ich dort begegne  ….. .

Aber ich sehe meine Aufgabe im  childlife – Projekt   in Mae Sai und das ist gut so .

Ich frage mich natürlich in solchen Augenblicken immer, warum sind nicht   m e h r   Menschen bereit, sich für die Armut auf dieser Welt, die immer größer wird, einzusetzen? Warum ist das eher die Ausnahme für begünstigte Menschen wie wir, als die Regel ?

Der nächste Tag führte uns in ein Bergdorf in der Nähe von Chiang Rai. Das war mein ausdrücklicher Wunsch , denn immer wieder möchte ich mir ins Gedächtnis zurückrufen, wo die Wurzeln der Goldkinder sind.

Der Weg dorthin führte uns ca. 20 km  fernab der Hauptstrasse mitten hinein in den Dschungel. Ohne Ngaow hätten wir den Weg nie gefunden. Kein Mensch würde dort noch irgendeine Menschenansiedlung vermuten. Aber wir fanden ein Bergdorf des Akhastamms vor, das mehrere hundert Bewohner hatte. Die meisten von ihnen haben das Dorf sicher nie verlassen, denn bis zum nächsten Ort sind es mindestens 20 km Fußmarsch. Und es ist ja auch nicht gewollt und viel zu gefährlich, dass  man das Dorf ausfindig macht.

Bei den Bewohnern handelt es sich um staatenlose Stammes -mitglieder, die im Grenzgebiet zwischen Burma und Thailand leben, dort geduldet, aber nicht gewünscht sind.

Und sie verstecken sich vor anderen Bergstämmen, damit sie nicht überfallen und ausgeraubt werden .

Sie leben ganz eng mit der Natur verbunden, bauen Obst und Gemüse an, haben bewirtschaftete Reisfelder, Schweine, Ziegen , Kühe, Hühner und jede Hütte wird von einem aufmerksamen Hund bewacht. Die Männer bauen etwas für ihre Hütten , aus dem , was die Natur hergibt. Die Frauen verbringen ihre Zeit mit Handarbeiten, Kinder hüten und natürlich den weltweit üblichen Pflichten als Hausfrau  ….. natürlich unter völlig anderen Bedingungen, als wir es gewohnt sind.

Das Leben dort mutet für uns sehr beschwerlich an, auch wenn die Menschen einen zufriedenen und glücklichen Eindruck machen.

Für mich war es eine völlig neue Erkenntnis, dass die Frauen im gebärfähigen Alter ( sie hatten wirklich Babys bei sich ) sehr vorgealtert aussahen, manche sahen wie 70 aus und hatten ein Kleinkind.

Vielleicht lag das aber auch an den schwarz-braun verfärbten oder auch abgebrochenen Schneidezähnen, die vom ständigen Kauen der Betelnuß so aussehen.

Im Bergdorf trafen wir auf einen behinderten Jungen aus dem childlife-Projekt.

Ngaow berichtete uns, dass der Junge sich alle paar Wochen wünschte, hier in sein Bergdorf zurückzukehren. Ich war erschüttert, was ich zu sehen bekam, denn ich hatte ihn schon über Jahre im Projekt erlebt. Dort war er  immer sehr anhänglich gewesen und suchte oft Schutz, weil er durch seine geistige Behinderung sehr ängstlich war.

Hier im Dorf war er nun völlig verwahrlost, verdreckt, stank fürchterlich und hatte extrem an Gewicht abgenommen. Niemand schien sich wirklich um ihn zu kümmern, er hatte nur einen Stiefvater, der ihn misshandelte, berichtete man uns.

Besonders schlimm war seine Behausung, eine Hütte von der Grösse einer Hundehütte, in der er nur sitzen oder liegen konnte, die furchtbar stank und voller schmutziger Sachen war. Wir versuchten ihn zu überzeugen, bald wieder ins Kinderprojekt nach Mae Sai zu kommen…..

Für heute soll mein Bericht hier enden, obwohl ich noch seitenweise weiterschreiben könnte. Die Eindrücke lassen mich oft nicht los und ich möchte sie gern mit Euch teilen. Aber ich weiß auch, dass ich von Euch viel Geduld erwarte oder voraussetze und bin gar nicht sicher, ob Euch das alles interessiert, was meine Gefühle so aufwühlt.

Über eine Resonanz würde ich mich sehr freuen, es würde einfach gut tun, zu spüren, dass ich nicht allein bin in meinem Kampf um die Ungerechtigkeiten in dieser Welt.

Ihr hört bald noch mal von mir, auch Fotos werde ich noch ins Netz setzen, heute erst mal die  2  Filme von youtube, die Ihr Euch herunterladen könnt. Die Bildqualität ist leider nicht gut, manches ist langwierig und nicht  verständlich, aber die Akustik vom Interview am Schluß ist gut und auch gelungen, finde ich.

Herzliche Grüsse für heute, bleibt alle gesund und aktiv, vergesst unsere Vorhaben nicht, bleibt sensibel, begeisterungsfähig  und optimistisch, schaut über Euren Tellerrand hinaus und spürt mit mir die große Erfüllung, den Schwächeren zu helfen.

Eure Gudrun Daugs

PS: Bitte an den Jahresbeitrag 2010 ( 24 Euro ) denken, für alle Vereinsmitglieder, die noch nicht bezahlt haben ! Danke !!!

Hier ist die Kontoverbindung


  • 28. Oktober 2010